Willkommen im Kontrast-Reich!
Klar, Diktatoren sind in aller Munde. Aber dass sich ausgerechnet die elektronische Tanzkapelle Kontrast auf ihrer neuen Scheibe «Imperium» dieser Thematik annimmt, überrascht schon ein wenig. Wollen Formulator Roberto und seine Mitstreiter/innen auf ihre alten Tage etwa in die Politik einsteigen? Mitnichten. Vielmehr werfen sie auf ihrem sechsten Album einen gewohnt zynischen Blick auf die aktuelle Weltlage und indoktrinieren ihre Hörerschaft – quasi nebenbei – unmissverständlich mit einem Tanzbefehl, dem niemand zu widersprechen wagt.
Sechs Jahre nach ihrem bis dato letzten Oeuvre «Unaufhaltsam» wirft «Imperium» seine gewaltigen Schatten voraus – ein Konzeptwerk im klassischen Sinne, getränkt in lyrischer Sprengkraft. Zwar sind die Stücke sehr abwechslungsreich und vielschichtig, doch folgen alle Texte des neuen Kontrast-Albums einem schwarzen Faden: In einer dystopischen Zukunft regiert ein Diktator, der sein Manifest aus einem monumentalen Sendesaal heraus von seiner lieblichen Propagandaministerin verkünden lässt und seine Untertanen zu willenlosen Tanzmaschinen erzieht. Nur wenige Mutige lehnen sich gegen das System auf – wie beispielsweise der Cassettenmensch, der ein vermeintlich veraltetes Medium nutzt, um seine kritischen Thesen zu verbreiten. Wie soll man schließlich ein Leben ertragen, wenn es sogar unter Strafe steht, Depeche Mode zu hören? Als der Partner der Propagandaministerin – frustriert über seine Perspektivlosigkeit als kleines Rädchen in der Maschinerie des Imperiums – zu einem anderen Planeten aufbricht, bekennt sie sich endgültig zu ihrer wahren sexuellen Identität als Vampirlesbe und gibt damit den Startschuss zum Umsturz …
«Imperium» ist eine monumentale Machtdemonstration, die beim traditionsreichen Label «Danse Macabre Records» auf zwei separaten Vinyl-Schallplatten (Teil 1: «Tyrannis» im Juni 2025; Teil 2: «Proteus» im Mai 2026) sowie alternativ auf einer prall gefüllten CD (Mai 2026) mit dem Gesamtwerk erscheint. Ein monolithisches, geheimnisvolles Artwork rundet alle Veröffentlichungen stilvoll ab – wer sich Kontrast nennt, macht eben keine Kompromisse.
Altersmilde? Auf keinen Fall!
Altersweise? Urteilt selbst!
Kontrast sind auch nach 30 Jahren noch ein schwarzer Leuchtturm in der Weite des musikalischen Ozeans! Schon im Dämmerlicht des Jahres 1996 schufen vier Klangalchemisten ihren Everblack – den «Einheitsschritt» («Drei Schritte vor und drei zurück»), eine unwiderstehliche Hymne für alle Tanzflächen der Independent-Szene. Es folgte eine Prozession an Club-Hits: «Tod … find‘ ich gut!» (1998), «80er Jahre» (2007), «Durchbruch» (2008) – ihre erste Nummer 1 in den German Electronic Web Charts, die die Tanzflächen erbeben ließ wie ein Klang-Golem, der seine Ketten sprengt. Das Album «Vision und Tradition» (2008) thronte ebenfalls wochenlang an der Spitze der GEWC. «John Maynard» (2014) schoss durch die Deutschen Alternative Charts wie ein Gespenst auf einem brennenden Schiff. Auch die Wiederauferstehung ihres Debütalbums «Kontrast: Programm» (2022) eroberte Platz 2 und ließ damit die DAC ein weiteres Mal erbeben.
Doch Kontrast sind nicht nur Donner und Düsternis: 1999 offenbarten sie mit dem epischen Abschiedsgesang «Freiheit?» (mit Gastsängerin Ivi) eine emotionale Tiefe, die selbst dem härtesten Clubgänger Tränen in die schwarzen Kontaktlinsen trieb. «Für immer vorbei» (2008) – eine Ballade wie eine Abrissbirne fürs Herz – verbuchte über eine halbe Million YouTube-Aufrufe und hallt bis heute für alle verlorenen Seelen der Schwarzen Szene nach. «Ostseekind» (2020) – eine melancholische Ode an (n)ostalgische Zeiten – krönte seine Reise auf Platz 2 der GEWC.
2024 schließlich stiegen Dirk, Falko, Roberto und ihr charmanter Nebelgeist erneut wie Phönix aus der Asche empor: Ihr titanischer Track «Tanzmaschinen» stürmte auf Platz 1 der DAC. «D3R DIKTATOR» erklomm zeitgleich die Spitzenposition in DAC und GEWC – und geriet auf diese Weise zu einem diabolischen Doppelmanöver, das Kontrast obendrauf noch die begehrte Weihnachts-Nummer 1 bescherte! Diese Singles sind nicht weniger als die perfekten Vorboten für «Imperium», ein Album wie ein Sturm auf die Bastionen der Musikwelt.



